Dienstag, 14. April 2009
Wiener Zeitung

Totentanz

Maus im Tret-Rad

Ein „Totentanz“ von anno 2009 kennt andere Gestalten als die Fresken des späten Mittelalters.
Heute heißen sie: die Hinterbliebene, der Vergessene im Narrenhemd, der Ungeduldige, der Bonvivant, die Maus im Tretrad, die linnenweiße Frau. Wortreich changiert der Text des Wildgans-Preisträgers Wolfgang Hermann zwischen phantasievoll ausgemalten surrealen Bildern und den ironischen Tiraden eines eher gemütlich geschilderten Todes.
In seiner Vertonung schießt der renommierte Wiener Kirchenmusiker Wolfgang Sauseng gewissermaßen aus allen stilistischen Rohren. Mit Polyrhythmik, tonalitätsferner Expressivität und Klangflächen fordert er den Chor heraus, bietet ihm aber auch einen quasi spätromantischen a-capella-Satz.
Bei den Solostimmen wechseln Sprache und Gesang, das kleine Instrumentalensemble fügt Farben, Akzente, virtuose Einlagen hinzu. Einmal mixt Sauseng sogar einen gregorianischen Lektionston mit Walzerklängen und Jazzrhythmen. Problematisch nur, dass er auch dem Dirigenten und dem Primgeiger (als Tod) Sprechpartien zugedacht hat.
Trotz der primär konzertanten Anlage des Werkes schwebte dem Komponisten doch eine szenische Ausgestaltung vor. Für die Wiener Minoritenkirche hat Regisseur Leo Krischke unter Einbeziehung des Raumes eine überzeugende, eindrucksvolle Lösung gefunden, die die Wirkung des Ganzen positiv abrundete.
Da war der Chorus sine nomine mit Feuereifer dabei, ganz abgesehen von seiner Glanzleistung puncto Homogenität, Klangfülle und klarster Intonation – ein Meisterstück seines Leiters Johannes Hiemetsberger! Mit gewohnter Souveränität agierte Frank Hoffmann als Erzähler; unter den Vokalsolisten stach der klare Sopran von Barbara Achammer hervor, gewandt musizierte das Ensemble Amarcord.
Ein schöner Erfolg für den Osterklang Wien!