Donnerstag, 17. November 2011

Lichterloh brennendes Konzert

„Tuuli“ ist das finnische Wort für Wind und der Name des neuen Programms des Chorus sine nomine, der sein 20-jähriges Klangdasein feiert. Was für ein Fest ist die Uraufführung im Brucknerhaus geworden! Da beginnt die Form „Konzert“ lichterloh zu brennen, ohne dass in die Feuerwerkskiste gegriffen werden muss.
Höchste Qualität ist ohnehin selbstredende Signifikanz dieser exzeptionellen Chorgemeinschaft ohne Namen. Die Percussionistin Ingrid Oberkanins, Chorleiter Johannes Hiemetsberger und Regisseurin Ela Baumann haben ein subtiles Klanggeflecht gestrickt, das epochale und stilistische Grenzen als Illusion verstehen lässt. Da trifft etwa Veljo Tormis‘ „Raua needmine“ auf Schlager „Tipitipitipso“. Phänomenal hat Baumann den Ablauf „choreografiert“. Nie zur Illustration, nie zum Selbstzweck, sondern ganz sparsam aus der Musik heraus.
Es ist eine bewegte und vor allem bewegende Ritualisierung eines Klangprozesses, die darüber hinaus der Form des „Konzertes“ neue Bühnenkunstplätze zuweist.
Dazwischen setzte die Percussionistin Ingrid Oberkanins nicht weniger genial asketische Schlagwerk-Interventionen unterschiedlicher Klangnaturen und stellte mit „Ostwind I+II“ eine einnehmende Komposition vor. Musiken von Whitacre und Ligeti umfassten das Programm ebenso wie Bachs „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“ oder die unendlich rührende Akkordeon-Chor-Fassung des „Agnus“ aus der „Hohen Messe“, die einen großen Musikabend ausblies, dessen Winde auch am Tag danach noch durch alle Sinne wehen. Das war ein Aufbruch zu neuen Konzertufern: Am Chorus sine nomine kann man sich künftig auch dahingehend messen!